Kathrin Kagelmann (DIE LINKE) kritisiert drohenden Wegfall von Bahnverbindungen im Landkreis Görlitz
Sachsens Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) hat seinen Entwurf für die Neufassung der Finanzierungsverordnung für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNVFinVO) vorgelegt. Werden diese Planungen realisiert, sind besonders im Norden und Süden des Landkreis Görlitz Streckenabschnitte wie Hoyerswerda-Niesky oder Zittau–Oderwitz. Damit wird der ländliche Raum weiter abgehängt und der Schienen-Personennahverkehr zugunsten des straßengebundenen Verkehrs geschwächt.
Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wird in Sachsen überwiegend durch vom Bund gezahlte Regionalisierungsmittel finanziert. Obwohl das Land dabei nur die Verteilerrolle innehat, reicht Sachsen nur 70 Prozent dieser Mittel an die Nahverkehrszweckverbände weiter. Im Doppelhaushalt 2011/2012 war dieser Anteil auf Initiative Morloks bereits um acht Prozentpunkte reduziert worden. DIE LINKE fordert stattdessen, die Mittel vom Bund vollständig an die Zweckverbände durchzureichen und im gesamten Freistaat einen „Integrierten Taktverkehr“ aufzubauen, der Schienenverkehr und Busverkehr vollständig aufeinander abstimme. Die volle Wirkung könne aber auch dieser nur entfalten, wenn ausreichend Mittel vorhanden seien, um den Bestand von Verbindungen flächendeckend zu sichern.
Sachsen erhält mit 7,16 Prozent der Regionalisierungsmittel derzeit noch eine überdurch-schnittliche Verteilungsmasse – gemessen an der Landesfläche und Bevölkerungszahl ergäbe sich eigentlich nur ein Anteil von etwa 5 Prozent. Der Freistaat dürfte daher bei der Revision der Verteilung dieser Mittel, die 2012 ansteht, deutlich einbüßen. Denn die Verhandlungen finden auf der Grundlage der von Verkehrsminister Morlok durch massive Mittelkürzungen zu verantwortenden reduzierten Angebote im Jahr 2012 statt.
Als Rechtfertigung für die Streichungen dient dem Ministerium die Landesverkehrs-prognose, die weiter unter Verschluss gehalten und auch den Nahverkehrszweckverbänden nicht zugänglich gemacht wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird darin vorausgesagt, dass in den betroffenen Regionen künftig weniger Bedarf an ÖPNV-Angeboten bestehen wird. DIE LINKE sieht darin allerdings einen entscheidenden Fehler: Keine Verkehrsstatistik der Welt könne erfassen, wie viele Autofahrer lieber den Zug genommen hätten, wenn er denn gefahren wäre. Hingegen sei es plausibel, dass viele Reisende nach der Einstellung einer Bahn-verbindung lieber das Auto benutzten, anstatt den langsameren Bus zu nehmen.
Hintergrund:
Die Finanzierungsverordnung im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNVFinVO) regelt die Verteilung der vom Bund an das Land Sachsen gezahlten Regionalisierungsmittel auf die fünf sächsischen Nahverkehrszweckverbände ZVNL (Zweckverband für den Nahverkehrs-raum Leipzig), ZVOE (Zweckverband Verkehrsverbund Oberelbe), ZVON (Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien), ZVMS (Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen) und ZVV (Zweckverband Verkehrsverbund Vogtland). In diesem Jahr belaufen sich die an den Freistaat gezahlten Regionalisierungsmittel auf insgesamt 507,25 Millionen Euro, von denen das sächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) jedoch nur 374 Millionen (73,73 %) an die Zweckverbände weiterreicht.