Redebeitrag von Heike Krahl auf dem Sonderkreistag 12.Februar 2014

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren
Als Mitglied im Jugendhilfeausschuss möchte ich heut meine Sicht auf einige Dinge darstellen.

In der Jugendhilfelandschaft, nicht nur unseres Landkreises gibt es zwei gegensätzliche Tendenzen: Während die teuren Hilfen zur Erziehung steigen, wird in der Jugendarbeit, der Jugendverbandsarbeit, der Jugendsozialarbeit und im erzieherischer Kinder- und Jugendschutz gekürzt.  Die Ursachen sind vielfältig.  Eine allgemein anerkannte und statistisch belegte Ursache liegt in der problematischen Sozialstruktur des Landkreises. Die führt auch im Landesvergleich zu besonders hohen finanziellen Belastungen im Jugendhilfebereich – trotz Bevölkerungsrückgang.

Eine andere, sehr einschneidende Kürzung war die der Jugendpauschale des Landes Sachsen im Jahr 2010 von 14,30 € auf 10,40 € pro Jugendlicher. Mit dem Rückgang der Geburtenzahlen reduziert sich die pauschale Gesamtsumme nochmals.
Diese Kürzungen konnten und können vom Landkreis nicht aufgefangen werden.

Im Juni 2013 erfuhr ich im Unterausschuss Jugendhilfeplanung des Jugendhilfeausschusses, dass die Fachkraftförderung von 49 auf 44 Vollzeitstellen reduziert werden soll.

Damit mussten freie Träger wieder Kürzungen vornehmen. Das ging bei einigen an die Substanz. Mehrere Vorhaben, Projekte wurden gestrichen, ganze Einrichtungen  geschlossen, so 2010 der Schacht 8 in Weißwasser, 2010 der Stadtjugendring in Görlitz, 2013  in Weißwasser das Jugendhaus WCB, der Jugendtreff C4 Oberland oder ganz aktuell in Niesky das Jugendzentrum HOLZ. Etliche Projekte wie soziale Gruppenarbeit, der offene Treff Weinhübel und der Jugendclub Ludwigsdorf wurden seit Jahren nicht mehr gefördert.

Als Ausschussmitglied hatte ich die Möglichkeit, im Herbst an den Gesprächen  der Träger der Jugendhilfe mit dem Jugendamt teilzunehmen. Dort wurden die Auswirkungen der Sparmaßnahmen des Landes deutlich: Die freien Träger mussten Kürzungen bei der Anzahl der Fachkräfte und bei Sachkosten bei möglichst gleichbleibendem Angebot hinnehmen. Die freien Träger können meist auch keine, im öffentlichen Dienst selbstverständliche Tariferhöhungen zahlen.

Es wird nicht nach Bedarf gefördert wird. Oft hörte ich den Satz: mehr Geld steht nicht zur Verfügung.

Im Unterausschusses Jugendhilfeplanung und im Jugendhilfeausschusses selbst führte diese Entwicklung zu strittigen Debatten.
Letztlich wurde im Jugendhilfeausschuss am 24.6.2013  mehrheitlich ein Antrag verabschiedet, der die Einstellung von zusätzlichen 220.000 Euro für die Fachkraftförderung forderte.

Der Landrat, als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, legte den Antrag nicht dem Kreistag vor.

 Zwar mussten im Nachtragshaushalt kurze Zeit später schlappe 3,7 Mio Euro mehr für die Hilfe zur Erziehung eingestellt werden. Auf Nachfrage im Hauptausschuss wurde aber auch zugegeben, dass die 220.000 Euro für die Fachkraftförderung nicht im überarbeiteten Planansatz des Jugendamtes berücksichtigt wurden.

Der Unterausschuss beriet die Verteilung der 44 Stellen für die Fachkräfteförderung und legte dies dem Jugendhilfeausschuss zum Beschließen vor. Der Vorschlag fand nur geändert die Mehrheit. Einige Träger mußten erhebliche Kürzungen hinnehmen, dann aber wurden über Nacht vom Landrat zusätzliche Mittel bereitgestellt und auch von ihm wurde festgelegt, für welche Träger, unter anderem für einige, die bewußt keine Fachkraftförderung bekamen. Woher das Geld kommt ist bisher nicht bekannt. Nicht bekannt ist allerdings auch, wo die im letzten Kreistag am 13.12.2013 zusätzlich beschlossenen 250.000 € eingesetzt werden sollen, wie und wann dieser Beschluss umgesetzt wird: Ich weiß es bis heute noch nicht.

Ich kann diese Art des Umgangs mit Beschlüssen nicht nachvollziehen. Nachforderungen beim Bau des Landratsamtes oder bei der Straßenunterhaltung beschließen wir regelmäßig fast kommentarlos. Auch bei den Hilfen zur Erziehung. Nur bei der sogenannten präventiven Jugendhilfe wird gemauert.

Dabei handelt es sich – das will ich noch einmal deutlich betonen – eben nicht um freiwillige Aufgaben. Nach Gesetz des Sozialgesetzbuches VIII ist ein angemessener Anteil für Jugendarbeit vorzuhalten – und was angemessen ist, legt nun mal der Kreistag oder der Jugendhilfeausschuss per Beschluss fest.

Und wenn wir gerade bei der Art des Umgang sind:

Ich war im Kreis NOL Mitglied im Jugendhilfeausschuss. Dort arbeiteten die Träger miteinander und stritten um die Sache.
Jetzt sieht jeder Träger zu, dass er die eigenen Pfründe sichert und nicht vorgehalten bekommt, wir leben nicht in Absurdistan, oder Redebeiträge werden willkürlich unterbrochen, Redner korrigiert oder Mitgliedern wird das Abstimmungsrecht abgesprochen.
Weil eine Klärung im Ausschuss nicht mehr möglich ist, streitet man sich vor Gericht.

Gesetzlich vorgeschrieben ist der Unterausschuss Jugendhilfeplanung. Jedoch musste ich mehrfach feststellen, dass dem dortigen Beschluss nicht gefolgt wurde und ich mich frage ob dieser Unterausschuss noch einen Sinn macht,

Ich dachte eigentlich, wir alle ziehen bildlich gesprochen an einem Strang. Im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen, für unsere Zukunft im gesamten Kreis.