Mirko Schultze: LINKE stellt Antrag Krise als Chance für Arbeitsmarkt nutzen – Modellprojekt zur Anerkennung ehrenamtlicher Beschäftigung innerhalb der Grundsicherung
DIE LINKE im Kreistag möchte feststellen lassen, dass angesichts einer zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt, des demografischen aber auch des strukturellen Wandels in der Lausitz die Aufgaben des Jobcenters den neuen gesellschaftlichen Herausforderungen kontinuierlich angepasst und stärker als wesentlicher Teil einer sozialen Daseinsvorsorge des Landkreises fortgeschrieben werden müssen.
Aktuell beweist gerade die pandemische Situation, dass die Fähigkeit von Staat und Wirtschaft zur Entwicklung und Erprobung neuer, besonders innovativer und flexibler Arbeitsmodelle wesentlich zur Abmilderung von Folgen der Krise beitragen kann.
Weiterhin soll es einen Perspektivwechsel des kreiseigenen Jobcenters geben. Ziel soll es nach Ansicht der LINKEN sein, unter den Bedingungen eines verschärften Fachkräftemangels und einer sich wandelnden Arbeitskultur stärker individuelle und kreative Potenziale bei Erwerbslosen aktivieren zu helfen und gleichzeitig kommunale Gemeinwohlbelange zu unterstützen.
Beschlossen werden soll, das Jobcenter des Landkreises zu beauftragen, in enger Kooperation mit der Hochschule Zittau-Görlitz ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt zur „Anerkennung von ehrenamtlicher Beschäftigung als beschäftigungsgleicher Gemeinwohlbeitrag innerhalb der Grundsicherung“ zu erarbeiten.
Mirko Schultze, Vorsitzender der Linksfraktion im Kreistag Görlitz: Wir erachten es für notwendig, aufgrund der derzeitigen Situation und den damit verbunden Änderungen in der Gesellschaft einen Diskurs zur Sozial- und Arbeitsmarktpolitik anzustoßen. Dafür haben wir bereits mit Einreichung des Antrages an die Kreistagsverwaltung die demokratischen Fraktionen im Kreistag zum Austausch eingeladen.
Sozial- und Arbeitsmarktpolitik im 21. Jahrhundert erfordert einen weniger restriktiv-korrigierenden, als vielmehr einen motivierenden Sozialstaat, der Selbstermächtigung und Leistungswillen sowie Beschäftigungsfähigkeit stärkt. Entsprechend müssen über Anreize oder Beschäftigungsmodelle, finanzielle Unterstützung und gute Bildung Innovationspotenziale, Kreativität und Leistungsfähigkeit gefördert werden.
Das Strukturwandelpaket für unsere Region ermöglicht, so die Beantragung erfolgt, das Modellprojekt und seine Entwicklung zu finanzieren und in weitere Überlegungen einzubinden. Für den Erfolg des Strukturwandels ist ausschlaggebend, dass die regionalen Akteure vor Ort gleichberechtigt einbezogen werden, also neben Kommunen, Unternehmen, Kammern, Verbänden oder Gewerkschaften auch die Zivilgesellschaft. Dass auch deshalb, weil der wirtschaftliche Umbau einer ganzen Region weit über eine aktive Wirtschaftsförderungs- und Ansiedlungspolitik hinausgehen muss, um nachhaltig wirken zu können. Entscheidend sind gleichermaßen kulturelle und soziale Aspekte eines strukturellen Wandels, die Image und Anziehungskraft einer Region prägen.
In diesem Zusammenhang kommt dem Ehrenamtsengagement eine besondere Rolle zu. Dessen Bedeutung wird häufig konterkariert durch die prekäre Situation vieler kommunaler Haushalte gerade in strukturschwachen Räumen, in deren Folge freiwilliges ehrenamtliches Engagement der Bürgerschaft nur in sehr eingeschränktem Maß gefördert werden kann.
Das vorgeschlagene Modellprojekt soll dabei auf die Personengruppe beschränkt werden, die Leistungen zum Lebensunterhalt (Grundsicherung) über das Jobcenter des Landkreises beziehen und den Nachweis über eine regelmäßige ehrenamtliche Tätigkeit in einem anerkannten gemeinnützigen Verein erbringen können. Ziel soll sein, über zu definierende niedrige Zugangskriterien eine ehrenamtliche Tätigkeit als beschäftigungsgleichen Gemeinwohlbeitrag anerkennen zu können, um auf Maßnahmen der besonderen Aktivierung oder Tagesstrukturierung des Leistungsbeziehers für den Modellzeitraum verzichten zu können.
Der Vorteil eines solchen Modellprojektes besteht darin, dass ohne den Einsatz zusätzlicher staatlicher Mittel darüber eine hohe Wertschätzung der Leistungen des Einzelnen in Vereinen und Verbänden für die Sicherung der allgemeinen Wohlfahrt zum Ausdruck gebracht werden kann.
Mirko Schultze, abschließend: Letztlich kann ein solches Modellprojekt einen kleinen, aber nicht unbedeutenden Beitrag darstellen zur Stärkung einer vielfältigen Vereinslandschaft in der Strukturwandelregion und damit zur Verbesserung der weichen Standortfaktoren. Dies wiederum ist Standortvorteil gegenüber anderen Regionen. Wir müssen den Mut haben neu zu denken, wie alle anderen, mögen sie noch so erfolgreich sein zu handeln, wird nicht ausreichen um in der Zukunft die Lausitz lebenswert zu gestalten.